Drei Zitate

1) “Am Valentinstag haben 235 Frauen eine Menschenkette gebildet, um die nach Deutschland ausgeflogene Julija Nawalnaja zu unterstützen. Alle anderen haben Kerle.”-Tweet von Margarita Simonjan, Chefin des Auslandsfernsehsenders “RT” (früher Russia Today) und des Mediennetzwerks Sputnik. (gepostet am 14.02., Link im ersten Kommentar)

2) “Geschichtsrevisionismus trägt seine Früchte. Bald wird man über die historische Bedeutung der Person Hitlers diskutieren und ihn nach und nach weißmalen. Ein erster Schritt in dieser Richtung ist schon getan. Denn selbst in meiner Sendung haben Liberale Thesen verlautbaren lassen dass “nicht nur Hitler am Holocaust schuld sei” und dass “die massenhaften Ermordungen der Juden begonnen haben, als die Sowjetunion Polen besetzt habe”.” (Wladimir Solowjow, Fernseh- und Radiomoderator, sorgt sich um eine bevorstehende Revision Hitlers in Europa, Oktober 2019)

3) “Sein [Nawalnys] Antisemitismus ist auf einer tierischen Grundebene Ausgeprägt. Warum sollte ich ihn respektieren? Ihn und seine Ansichten? Sollte ich etwa auch noch Hitler respektieren, Kaltenbrunner? […] Übrigens, persönlich war Hitler ein sehr tapferer Mann. Im Gegensatz zu diesem “Unterhosenführer” [Nawalny ist gemeint]hat er sich nicht vor dem Armeedienst gedrückt. Er hat gekämpft, im Ersten Weltkrieg, und tapfer gekämpft.”(Wladimir Solowjow deckt in seiner Talkshow die Hinterhältigkeit der Einen und die Tapferkeit der Anderen auf, 14.02.2021)

Quellen:1) https://twitter.com/M_Simonyan/status/1360937195704582145…

2) Text zitiert danach: https://vz.ru/news/2019/10/25/1004979.html, es wird auf Solowjows Telegram-Kanal verwiesen

3) https://twitter.com/Vityzeva/status/1361571044721582082?s=19

Für den heutigen Abend ist eine russlandweite Aktion zur Unterstützung von Alexei Nawalny anberaumt. Die Form ist denkbar einfach wie poetisch: Wenn es dunkel geworden ist, soll man aus dem Haus treten und draußen eine (Taschen)Lampe anmachen, es auf Foto/Video festhalten und nach 15 Minuten wieder reingehen. Sofort gab es die erwartbare Reaktion des Staates, die in ihrer Absurdität und Lächerlichkeit mittlerweile typisch ist. So setzte der Dumavizevorsitzende Pjotr Tolstoj (ein Nachfahre des berühmten Schriftstellers) diese Aktion mit angeblichen Überläufern gleich, die während der Leningrader Blockade der deutschen Wehrmacht Informationen mit Hilfe von Lichtzeichen übermittelt hätten. Dass diese Information falsch ist und dass es solche Fälle während der Blockade nachweislich nie gegeben hat- geschenkt. Vertreter*innen des Staates und der Gesellschaft ist heutzutage kein Herbeiziehen der Thematik des “Großen Vaterländischen Krieges” zu blöd oder zu unpassend, um politische Opposition scheinbar zu delegitimieren. Das anschaulichste Beispiel dafür dürfte der momentan laufende Strafprozess gegen Alexei Nawalny sein: Ihm wird die Beleidigung eines 95-jährigen Weltkriegsveteranen vorgeworfen. Zu den absurdesten Momenten dieser abartigen Verhandlung war vorgestern, beim zweiten Prozesstag, der Moment, als die Staatsanwältin Frolowa minutenlang die Lebensgeschichte des “Geschädigten” Veteranen Ignatenko vorliest bei der zahleiche Schilderungen des von ihm erlebten Kriegsgeschehens im Mittelpunkt stehen. Die Frage Nawalnys, was diese Ausführungen mit dem Prozess zu tun hätten, wurden ignoriert.

Wie Duckmäuserei, Feigheit und Hinterhältigkeit konkret aussehen.
Am 31. Januar projezierte der Lichtoperator (Beleuchter?) Stanislaw Semenjuk folgenden Schriftzug auf eine Wand seines Arbeitsortes, der Moskauer Philharmonie:
“Tickets in den Kassen der Moskauer Philharmonie und auf der Website [Adresse ist angegeben] Freiheit für politische Gefangene!”

Aufgrund des folgenden Druckes seiner Vorgesetzten in der Philharmonie habe er sich genötigt gefühlt, die Kündigung einzureichen.

Vor drei Tagen erschien ein Statement zu diesem Vorfall auf der Facebook-Seite der Philharmonie. Es beinhaltete, grob zusammengefasst, folgende Aussagen:
“Die Mitarbeiter und Besucher der Philharmonie haben viele unterschiedliche Ansichten und Überzeugungen; wie viele unserer Besucher sind wir überzeugt, dass eine erstrebte Harmonisierung der Gesellschaft nicht durch irgendwelche Slogans, sondern bloß durch reine Kunst erfolgen wird; weil wir die persönlichen Überzeugungen unserer Besucher respektieren, haben wir kein Recht, ihnen bestimmte politische Slogans aufzuzwingen; selbstverständlich verletzte Stanislaw Semenjuk gegen unsere Arbeitsethik, so ein Schritt konnte nicht ohne Reaktion bleiben; es wurde der Entschluss gefasst, ihn zeitweilig von der Arbeit am Lichtpult freizustellen; von seiner Kündigung haben wir aus den Medien erfahren und bedauern diesen Schritt sehr, die professionellen Fähigkeiten von Stanislaw wurden von uns niemals angezweifelt; wir hoffen, dass er nicht arbeitslos bleibt.”

Quellen:

Post des Journalisten Iwan Jakowlew, der als einer der Ersten über den Vorfall schrieb: https://www.facebook.com/ig.yakovlev/posts/3957785080898943

Post der Philharmonie: https://m.facebook.com/story.php?story_fbid=4075926675759895&id=176159929069942

“Wir, die am 31. Januar auf einer friedlichen Protestaktionen Festgenommenen, bitten um Hilfe und Aufmerksamkeit. Aufmerksamkeit auf die unmenschliche Situation, in der wir uns befinden. Seit dem Moment der Festnahme sind mehr als 40 Stunden vergangen und wir werden immer noch der Folter unterzogen. Faktisch haben wir kein einziges Mal Essen bekommen. Die letzten neun Stunden befinden wir uns im Bus, wo die Menschen zum Stehen gezwungen sind. Wir haben keine Möglichkeit, uns zu bewegen. Wir haben kein Wasser, wir werden nicht zur Toilette geführt. Wir wurden in einen Isolator für Migranten im Dorf Sacharowo gebracht. Dutzende weitere Fahrzeuge mit Festgenommenen befinden sich in der gleichen Situation. Wir fordern vom Menschenrechtsrat, der Moskauer Polizeiverwaltung und der Staatsanwaltschaft, die genannten Demütigungen unverzüglich zu beenden. Wir bitten freie Medien, diese Nachricht zu verbreiten. Zeitpunkt der Aufnahme ist 6 Uhr morgens am 2. Februar.”Meine Übersetzung. Das Original findet sich hier.