Sergej Mochnatkin (1954-2020)

Wiktor Schenderowitsch schreibt auf seiner Fb-Seite, dass der Menschenrechtler und Journalist Sergej Mochnatkin in Haft gestorben ist. Er wurde seit seiner (wiederholten) Verhaftung im Jahr 2013 mehrfach misshandelt, u.a. wurde seine Wirbelsäule schwer beschädigt. Alle Aufrufe, Petitionen, Bürgschaften, den 66-jährigen aufgrund von gesundheitlichen Beschwerden freizulassen, blieben unerhört. Im Laufe des gesamten heutigen Tages war die rechtswidrige Verurteilung des Journalisten Ilya Azar zu 15 Tagen Arrest Hauptthema, sowie die vorübergehende Festnahme mehrerer Jornalist*innen, die aus Solidarität mit Azar Einzelkundgebungen bildeten.Jetzt diese traurige Nachricht.Russland in a nutshell.

UPD. “Meduza” schreibt jetzt auch darüber.

UPD2. Scheinbar wurde er bereits 2018 aus der Haft entlassen. Er litt aber auch danach an der dortigen Behandlung und den Misshandlungen

dekoder: “Das System Putin”

Ich plädiere ja immer für eine differenzierte und genaue Sichtweise auf den russländischen Staat, Wladimir Putin und generell die Politik dort. Wenn man sich aber von in Deutschland verbreiteten undifferenzierten und vermeintlich allzu simplen Schlagzeilen zum Thema (prototypisch: “Putin: Der neue Zar im Kreml”, “Russland: Der mächtige Bär im Osten” etc.) entfernt, so stellt sich heraus, dass die Lage weitaus verstrickter und komplizierter ist. So zum Beispiel dürfte es den wenigsten Menschen in Deutschland bekannt sein, was ein “Kampf der Kremltürme”, was unter dem Konflikt “Kühlschrank gegen Fernseher” und was denn nun das hybride am in Russland vorliegenden “hybriden Regime” ist…

Dieser Artikel der von mir äußerst geschätzten Plattform dekoder gibt nicht auf alles eine Antwort, zeichnet aber erstens ein umfassendes, zweitens ein differenziertes, sehr viele Ebenen und Aspekte beachtendes und drittens, soweit ich das beurteilen kann, durchaus realistisches Bild vom politischen System im heutigen Russland.

Auf jeden Fall empfehlenswert!

Alice Bota (Die Zeit): “Wladimir Putin- mächtig allein”

Gutes, und vor allem realistisches Porträt, geschrieben von Alice Bota. Fernab von dem “starker Mann, nackter Oberkörper, gewiefter Stratege, kaltblütiger Diktator und Fürst der Finsternis”-Image, was leider von vielen deutschen Medien aufrechterhalten wird.

“Putin sei kein Hasardeur, eher ein Opportunist. Kein strategisch gewiefter Schachspieler, sondern ein pragmatischer Judoka, der die Schwächen der anderen zu nutzen weiß. Und einer, der sich manchmal verzockt. Beim Krieg in der Ostukraine etwa habe er schlichtweg nicht damit gerechnet, dass der Westen ihn mit Sanktionen bestrafen werde, weil der einige Jahre zuvor beim Krieg gegen Georgien untätig geblieben war. Putin war nicht mutig, sondern miserabel beraten worden.”

Kim Jung-un wurde von Wladimir Putin mit der Medaillie “75 Jahre Sieg im Großen Vaterländischen Krieg 1941-1945” ausgezeichnet. Laut des offiziellen präsidiellen Ukas(=Verfügung) zu dieser im Juni letzten Jahres gestifteten Auszeichnung, steht sie Personen zu, die an Kämpfen teilgenommen haben, Gefangenen von Ghettos (Ghetti?) und KZ’s sowie Staatsbürgern anderer Staaten, die in der Roten Armee gekämpft haben. Kim wurde 1984, somit trifft nichts davon auf ihn zu. Begründet wurde die Auszeichnung damit, dass sich Kim “in besonderem Maße um die Pflege und den Zustand sowjetischer Kriegsgräber verdient gamacht” habe. Meiner Meinung nach stellt diese Auszeichnung jedoch einen weiteren Höhepunkt in der Profanierung und dem Missbrauch der Erinnerung an das Ende des Zweiten Weltkriegs durch den russländischen Staat dar.