Non grata

Der bekannte Moskauer Philologe, Schriftsteller und Hochschullehrer Oleg Lekmanow schreibt auf seiner Facebook-Seite:

“Was es Neues gibt? Neues gibts das hier: Liebe Freunde haben mich eingeladen, in einem Programm des Fernsehsenders “Kul’tura” aufzutreten, und über ein Thema zu reden, was mir durchaus naheliegt.Ich habe zugesagt. Gerade haben sie mich angerufen und zerknirscht berichtet, die Leitung des Senders habe ihnen klar gesagt: “Von nun an ist Lekmanow auf “Kul’tura” eine persona non grata.”Somit gibt es auch für uns gewisse kleine Signale.”

Vor etwa einer Woche nahm Lekmanow (der Bitte des Stabes von Alexei Nawalny folgend) ein Video auf, in dem er folgende Worte sprach: “Die Situation mit Alexei Nawalny erscheint mir als vollkommen inakzeptabel und empörend. Ein vollkommen unschuldiger Mensch wird aus privater Rache in ein Straflager gesteckt und jetzt auch an einem Treffen mit einem Arzt gehindert. Das ist ungeheuerlich. Ich rufe unsere gesamte Gesellschaft auf, ihre Trägheit aufzugeben und dieser schrecklichen Situation Aufmerksamkeit zu schenken. Freiheit für Alexei Nawalny und alle politischen Gefangenen.”

Der Philologe Oleg Lekmanow verweist darauf (und es wurde gerade in der Liveschaltung von TV Dozhd gezeigt), dass in der Polizeistation (nicht im Gerichtsgebäude!), in der Nawalny gerade der Prozess gemacht wird, Porträts der sowjetischen Geheimdienstchefs Dserschinski, Jagoda und Berija hängen. Die letzten beiden waren verantwortlich für Millionen von Toten während der Herrschaft Stalins. Die heutigen Polizei- und Geheimdienstkräfte Russlands zeigen ständig, mit Wort und Tat, die Kontinuität zum mörderischen sowjetischen Geheimdienst auf und erinnern an “die glorreiche Vergangenheit”.

Dass es in Wirklichkeit eine Gurkentruppe ist, die von der allumfassenden Korruption, Ineffizienz, Obrigkeitshörigkeit, betroffen ist, wie die Folgen der Skripal-Vergiftung 2018 und der Nawalny-Vergiftung 2020 zeigen, wird übersehen.

Vgl. dazu auch den Text von Kiril Rogow. .

Upd. “Memorial” fragt auf Facebook: “Was glaubt ihr, wurden die Porträts bloß heute, damit die Polizisten weniger Angst vor Nawalny haben, aufgehangen, oder hängen sie immer dort?”Wiktor Schenderowitsch, Journalist und Satiriker: “Wenn einer Person unter dem Porträt von Jagoda der Prozess gemacht wird, ist es unwichtig, wo genau es stattfindet.”